Jeder kennt es: Das 1x1 grosse transparente GIF, mit dessen Hilfe sich Designs pixelgenau erstellen lassen. Webdesigner Thorsten Jakisch hatte seine ganz eigenen Erfahrungen damit. Beinahe hätte ihn der winzigste aller Bildpunkte den Job gekostet. Lesen Sie dazu ein Interview mit Reinhard Voigt.

MP: Schildere unseren Lesern doch einmal ganz genau, was damals passiert ist?

Jakisch: Nun ja... das ganze hat sich vor gerade mal zwei Wochen zugetragen. Aus Workflow-Optimierungsgründen brauchten wir im Team einen einheitlichen projektübergreifenden Dateinamen für die 1x1 grosse GIF-Grafik. Üblich sind in der Branche Bezeichnungen wie transparent.gif, trans.gif oder auch blind.gif. Mitunter taucht da auch der Name shim.gif auf. Ehrlich gesagt, weiss ich aber nicht, was da bedeutet...

MP: Du wolltest daraufhin für die Projekte in Deiner Company einen eigenen Namen definieren...

Jakisch: Na klar! Wir als Kreative, so dachte ich, sollten uns auch hier was eigenes einfallen lassen, was uns von den anderen irgendwie auch abhebt. Na da hab ich 'ne Weile Brain-Storming gemacht und mich irgendwann für transe.gif entschieden...

MP: Und dass war dann letztendlich - um die Spannung einmal aufzulösen - quasi der Stein des Anstosses, der Dir soviel Ärger eingebracht hat.

Jakisch: Ja ich hab mir wirklich nicht böses dabei gedacht. Doch später, als unser Projektleiter, der Jochen, mal einen Blick auf den Code warf, hat der sich mächtig aufgeregt. Der ist nämlich ein Transsexueller und fühlte sich durch diesen Dateinamen irgendwie persönlich auf den Schlips getreten.

MP: Und es kam noch viel schlimmer...

Jakisch: Ja genau! Der Jochen ist dann damit zur Ute, unserer Office-Managerin, und hat ihr die Sache verklickert. Na und die sieht sowieso bei jeder geringsten Bemerkung rot, die so in die sexistische Richtung geht. Die kann Dich dann sogar voll krass runtermachen. Natürlich hat sie alles weitergepetzt, und am Ende wusste die ganze Firma Bescheid, auch Ulf unser Geschäftsführer. Niemand wollte mehr mit mir Kicker oder Autorennbahn spielen. Die gingen dann urplötzlich unter irgendwelchen Vorwänden weg ("Ähem... ich muss da mal eben noch die Grafiken für die Partner Präsentation konvertieren."). Auch bei Pizzabestellungen wurde ich ab sofort nicht mehr gefragt.

MP: Mensch, das muss ja eine harte Zeit für Dich gewesen sein!

Jakisch: Das kannste aber laut sagen! Dabei hatte ich niemals eine böse Absicht gehabt. Wenn man da jedes Wort auf die Goldwaage legen würde, weiss man überhaupt nicht mehr, was man sagen soll. Da könnte man ja dann z.B. auch blind.gif als eine Anspielung auf Blinde und Sehbehinderte verstehen.

MP: Wobei Du sicher nicht ganz unrecht hast. Letztlich ist aber dann doch alles gut ausgegangen und Du durftest Deinen Job behalten...

Jakisch: Glücklicherweise ist unser Chef, der Ulf, ein prima Kumpel und guter Diplomat. Er hat dann in userem wöchentlichen Inhouse Meeting alle überzeugen können, dass ja alles nicht so gemeint war. Seitdem ist wieder alles im grünen Bereich, sogar die Ute redet wieder mit mir.

MP: Na dass freut mich aber für Dich. Auf welchen Namen habt ihr euch am Ende geeinigt?

Jakisch: Ach ja... das ist wirklich 'ne ganz merkwürdige Geschichte. Also die Freundin vom Ulf hat kürzlich erst ein Kind bekommen. Da hat die Ute spontan vorgeschlagen, es doch einfach nach ihm zu benennen. Nun musst Du wissen, die Freundin vom Ulf kommt aus Indien. Und der Junge heisst Viswanathan. Kannst Dir vorstellen, wie viele unserer Webdesigner jetzt manchmal abkotzen, gerade die HTML-Puristen, die den Code ausschliesslich im Texteditor runter schreiben. Die ganz Eitlen verzichten ja sogar auf "Copy and Paste". Und bei Viswanathan.gif schleicht sich eben öfters mal ein Schreib- oder Tippfehler ein. Seitdem sind übrigens auch viele leicht sauer auf die Ute und beglücken mich öfters annerkennend mit einem Schulterklopfen und Kommentaren. Auch bin ich wieder im Email-Verteiler für lustige Jokes und Cartoons, die meine Kollegen immer aus dem World Wide Web fischen."